Schützenkönige

Titel Könige

Der amtierende Schützenkönig ist der höchste Repräsentant des Vereins und die Galionsfigur des jeweiligen Schützenfestes. Nicht wenige Schützen träumen davon einmal diese Würde zu erringen und sich ein Jahr lang mit S.M. („Seine Majestät“) oder I.M. („Ihre Majestät“) betiteln zu können. Um das jedoch zu erreichen, muss man derzeit mindestens 28 Jahre alt und Mitglied des BSV Dormagen (nicht ausschließlich Schieß- oder Bogensportler) sein, sowie die Unterstützung eines Schützenzuges (im Regelfall des eigenen) haben. Ferner ist ein ruhiges Händchen und etwas Glück vonnöten, denn der Schützenkönig wird in einem Vogelschießwettbewerb ermittelt. Seit 2016 sind auch Frauen berechtigt am Wettbewerb teilzunehmen und Schützenkönigin von Dormagen zu werden. 

Vogelschießen am Hochstand vor dem Schützenhaus

Vogelschießen am alten Hochstand vor dem Schützenhaus

Seit Jahren schon findet das Königsschießen traditionell im Rahmen des Festprogramms am Schützenfestmonatg (ab 16:30 Uhr) am Hoch-Schießstand des Schützenhauses statt. Ebenso traditionell war dabei bis 2017 die Benutzung des stets gleichen Gewehrs, der „Donnerbüchse“, welche mittlerweile durch ein anderes Gewehr ersetzt wurde. Einen Tag später, am Schützenfestdienstag, folgt die Krönung bzw. Proklamation des neuen Regenten, der dann seinerseits erneut ein Jahr lang, bis zum nächsten Schützendienstag, die „Herrschaft“ über die Dormagener Schützen ausübt.

Derzeitiger Amtsinhaber ist seit dem 27. Juni 2023 S.M. Stefan I. Schillings (Schszg. „Hal drop“).

Siehe: Liste der bisherigen Schützenkönige
Siehe: Das amtierende Königspaar

Die Königskette

Als Erinnerung daran, König des Bürger-Schützen-Vereins Dormagen gewesen zu sein, wurde früher von jeder Majestät ein „Königsorden“ für die Königskette gestiftet. Der älteste noch erhaltene Königsorden stammt aus dem Jahre 1893.

Die derzeitige Königskette des BSV

Die derzeitige Königskette des BSV Dormagen

Obwohl viele Chronikunterlagen und Erinnerungsstücke an frühere Schützenkönige durch Kriegswirren verloren gingen, ist es gelungen, die alte Königskette vor Verlust zu schützen. Sie wurde erstmals wieder 1948/49 nach dem Neubeginn des Vereinslebens nach dem 2. Weltkrieg vom damals amtierenden König Heinrich Querbach getragen.

So trug die alte Königskette dann jeder Nachfolger; als letzter König Gerd Schröder im Jahre 1970. In diesem Jahr stifteten er und sein Königszug „Em Lack 1948“ dem BSV Dormagen eine neue – die heutige – Königskette, ausgeführt in 925er (Sterling) Silber. Diese Kette wurde 1980 um eine weitere Ordenskette erweitert, gestiftet von der damaligen Majestät Wilfried Rheinfurth.

Zur Erinnerung an ihre Königswürde lassen heute alle amtierenden Schützenkönige des Bürger-Schützen-Vereins ihren Namen auf die Rückseite eines der Ordensglieder eingravieren. Im Jahr 1999 wurde die Königskette dank einer weiteren Stiftung des damaligen Königspaares Hans-Willi und Hanne Breitmar komplett renoviert und erneut erweitert. Die Königskette wurde mit neuen Kettengliedern und 8 Silberstegen versehen, sowie um 14 silberne Schützenembleme und ein silbernes Wappenschild mit dem aufgesetzten Schützenkreuz des BSV erweitert.

Weitere Hintergründe

Die Schützenkönige des BSV werden ab ihrer Proklamation üblicherweise als S.M. („Seine Majestät“) oder I.M. („Ihre Majestät“) betitelt; die jeweiligen Partner als Königin bzw. König. Technisch gesehen ist das Vorhandensein einer Partnerin oder eines Partners jedoch nicht vorgeschrieben – es muss also nicht zwingend ein Königspaar geben; wenngleich es traditionell üblich ist. 

Die BSV-Königsstandarte

Die BSV-Königsstandarte

Die Vergabe der römisch bezifferten Ordnungszahlen (II., III., IV. etc.) hinter dem Vornamen des Königs bezieht auf die Anzahl der Vorgänger gleichen Namens. Da die Königsliste aus den Anfangsjahren des BSV Dormagen, bedingt durch die Wirren zweier Weltkriege und verlorener Unterlagen, Lücken in der Königsfolge aufweist, wurde die Zählung ab 1948 neu begonnen. Übrigens: Für den Fall, dass ein und dieselbe Person wiederholt Schützenkönig wird, wird ebenfalls entsprechend +1 weitergezählt. 

Auf die häufige Frage, was es denn koste Schützenkönig zu werden bzw. sein, erhält man die ebenso häufige und nichtssagende Antwort: Geld! Wie viel genau bleibt das kleine Geheimnis der Amtsinhaber – über Geld spricht man eben nicht. Gesagt werden kann aber, dass ein Bewerber im Erfolgsfall einen Zuschuss vom BSV erhält. Dieser Zuschuss, „Königstaler“ genannt, ist eine Umlage, die von jedem Vereinsmitglied (12,00 € pro Jahr) zu zahlen ist. Hinzu kommen nicht selten finanzielle Unterstützungen durch den eigenen Schützenzug (Königskasse), den ein oder anderen stillen Gönner und diverse Geldgeschenke. Kurz um, Haus und Hof müssen nicht verpfändet werden, wenn man die Schützenkönigswürde erringen möchte.

Als weitere Amtsinsignien, neben der Königskette, sind die Könige des BSV an einem goldenen Ärmelband, einem goldenen Kronensplint auf den Schulterklappen (beides wird auch später noch von Ex-Königen getragen) und, zu Schützenfest, an ihrer roten Königsstandarte erkennbar, die überall dort zu finden ist, wo sich auch der König befindet. 

Das Königsvogelschießen

Das Pfänderschießen

Königsvogel im Fangkasten des Hochstands - schon ohne das Pfand des Kopfes

Königsvogel im Fangkasten des Hochstands – schon ohne das Pfand des Kopfes

Das BSV-Königsvogelschießen am Schützenfestmontag folgt seit vielen Jahren den gleichen Regeln. Das Schießen, welches um 16:30 Uhr beginnt, startet zunächst mit dem Pfänderschießen. Pfänder (sing. Pfand) sind die vier äußeren Teile des Holzvogels: Der Kopf, der linke und der rechte Flügel sowie der Schweif. Geschossen wird in dieser Reihenfolge, wobei dem (noch) amtierenden Schützenkönig das Recht des 1. Schusses auf den Vogel gebührt. Nicht selten ist er damit erfolgreich und erringt direkt das Pfand des Kopfes für sich. Bösen Gerüchten zufolge ist dieser traditionelle Glückstreffer jedoch vor allem den „bewusst konstruktiven Eigenschaften“ des Vogels zu verdanken – der König soll eben nicht leer ausgehen. 

Zum weiteren Pfänderschießen ist jedes Mitglied ab 18 Jahren zugelassen. Eine Anmeldung hierzu ist übrigens nicht notwendig, denn vor Beginn des Schießens wird ein zufällig ausgewähltes Kind gebeten, eine beliebige Zahl zwischen Drei und Sieben zu nennen. Nennt das Kind z.B. eine Fünf, wird aus der aktuellen Mitgliederliste des BSV Dormagen jedes fünfte Mitglied laut aufgerufen, das die Kriterien erfüllt. Ist der Aufgerufene anwesend und möchte mitschießen, kommt er nach vorn zum Schießstand. Ist er abwesend oder möchte nicht, wird der nächste aufgerufen. 

Das Rumpfschießen

Im Anschluss folgt das eigentliche Königsschießen auf den übrig gebliebenen Rumpf des Vogels. Zugelassen sind jetzt nur noch die Königsbewerber, die sich bis kurz vor Beginn des Rumpfschießens melden können, wenn sie die Zulassungsvoraussetzungen erfüllen (min. 28 Jahre alt, nicht ausschließlich schießsportliches BSV-Mitglied, Unterstützung min. eines Schützenzuges). Geschossen wird danach danach Reih um im Wechsel, so lange bis der Rumpf fällt und die Haltestange vollständig frei ist (oder zumindest unter realistischen Bedingungen nicht mehr beschossen werden kann, falls nur noch ein kaum zu treffender „Zahnstocher“ übrig geblieben ist). Die Entscheidung darüber trifft der Schießwart. Üblich für ein Rumpfschießen sind ca. 20 bis 40 Schuss bis der Vogel endgültig fällt. 

Historie des Vogelschießens

Das Schützenwesen kennt viele Traditionen, Sitten und Gebräuche. Traditionen, die örtlich unterschiedlich ausfallen können, aber gelegentlich auch Gemeinsamkeiten aufweisen. Im rheinischen Schützenbrauchtum ist eine dieser Traditionen die Ermittlung eines neuen Königs durch Vogelschuss.

Der Grdzg. Bloomepott im Jahr 1929 mit dem damaligen Königspaar Jakob und Christine Lips

Der Grdzg. „Bloomepott“ im Jahr 1929 mit dem damaligen Königspaar Jakob und Christine Lips

Wenngleich die Wurzeln noch weiter bis ins Altertum zurückreichen, entspringt diese Tradition maßgeblich dem Spätmittelalter und der frühen Neuzeit, als Städte ihren eigenen Schutz größtenteils selbst organisieren mussten und ihre Verteidigung Bürgerwehren oblag, aus denen sich in späteren Jahrhunderten das Schützenwesen in heutiger Form entwickelte. Stehende, nur aus Berufssoldaten bestehenden, Heere waren zu kostspielig und da der gemeine wehrpflichtige Bürger im Zivilleben anderen Berufen nachging und oftmals keine oder nur begrenzte praktische Erfahrung in militärischen Dingen besaß, musste entsprechend regelmäßig ausgebildet und geübt werden. Insbesondere die sichere Handhabung und das Schießen mit Bögen, Armbrüsten oder später Feuerwaffen (Arkebusen, Musketen etc.) benötigte viel Training – zumal manche dieser Antikwaffen vergleichsweise schwierig im Umgang waren. Als Übungsziele wurden in der Regel unbewegliche Attrappen benutzt, wobei sich Holzvögel großer Beliebtheit erfreuten. Um diese Schießübungen, aus anfänglich rein praktischer Natur, entstanden im Laufe der Jahre ganze Volksfeste mit jährlichen Schießwettbewerben. Den Siegern dieser Wettbewerbe winkten manchenorts, als Belohnung und Anreiz für ihre Treffsicherheit, diverse Privilegien und Ehrungen. So war z.B. Anfang des 17. Jh. der Schützenkönig von Coburg für ein Jahr von sämtlichen Steuern und Abgaben sowie öffentlichen Diensten oder Verpflichtungen befreit. Was einst zunächst aus Notwendigkeit entstand, wandelte sich dann im 18. und 19. Jahrhundert endgültig zum reinen Unterhaltungsspektakel für Groß und Klein.

Auch beim BSV Dormagen existiert die Praxis des Vogelschießens und der jährlichen Ermittlung eines Schützenkönigs seit nunmehr eineinhalb Jahrhunderten. Das erste Schießen fand zum ersten Dormagener Schützenfest im Juni 1868 statt – ein knappes halbes Jahr nach der Vereinsgründung. Hermann Schmitz wurde dabei der 1. Schützenkönig. Auch wenn, bedingt durch die beiden Weltkriege, manche Feste und Vogelschießen ausfielen und man 1948 aus Verbotsgründen in der Nachkriegszeit gänzlich auf das Gewehr verzichten und stattdessen ersatzweise auf den alten und heute seltsam anmutenden Brauch des „Hahnenköppens“ (einem toten Hahn blind den Kopf abschlagen) zurückgreifen musste, das Schießen mit schwerer Büchse auf einen hölzernen Vogel ist ein fester Bestandteil der Vereins- und Festhistorie.

Über die Jahre fanden die Schießwettbewerbe an verschiedenen zeitweisen oder permanenten Örtlichkeiten statt, so z.B. einst in der östlichen Ecke des Schützenplatzes, im Bereich der heutigen Bürger-Schützen-Allee. Mit Errichtung des Schützenhauses Anfang der 1970er Jahre zog auch der Hochstand dauerhaft auf das neue Gelände mit um.

Die „Donnerbüchse“ – die Ex-Königsmacherin

Bis 2017 berührten zahlreiche Hände. Die einen verschwitzt und zitternd vor Nervosität, die anderen trocken und mit eisernem Willen geführt, endlich dem Holzvogel den Garaus zu machen. Die Rede ist von der ältesten in Vereinsbesitz befindlichen Waffe – der „Donnerbüchse“. Mit 1.40m Länge und einem Gewicht von 17,5 kg zählt sie nicht gerade zu den Leichtgewichten unter den Langwaffen. Zum Vergleich: Eine moderne Jagdflinte heutiger Zeit wiegt nur ca. ein Viertel oder weniger. Eine weitere Besonderheit der Waffe ist, dass sie, obwohl eigentlich eine Büchse, das Flintenkaliber 16/70 (Laufgeschoss) verschießt.

Die "Donnerbüchse"

Die „Donnerbüchse“

Trotz mehrfacher gründlicher Reinigung und guter Lagerung lässt sich der Hersteller der Donnerbüchse nicht mehr erkennen. In das Verschlussgehäuse ist der Name „Paul Beyer“ eingraviert, der vermutlich erste Besitzer des Gewehrs. Auch das genaue Alter der Donnerbüchse kann nur noch geschätzt werden – vermutlich wurde sie um das Jahr 1890 gefertigt. Laut Aussagen des ehemaligen Schießmeisters Konrad Schröder besaß der BSV vor dem 2. Weltkrieg drei dieser Waffen, allerdings überstand nur eine die Wirren des Krieges. Wegen ihres fortgeschrittenen Dienstalters und der Tatsache, dass sie einen vor allem historisch und ideell großen Wert für die Dormagener Schützen hat, kam die Königsmacherin bis 2017, wie dieser Beiname schon andeutet, nur einmal im Jahr zum Einsatz – am Schützenfestmontag während des Königsvogelschießens. 

Aufgrund von Änderungen im Waffenrecht hinsichtlich der Betriebsvorschriften von Schieß- bzw. Hochständen wird seit 2018 mit einem moderneren Gewehr (ebenfalls Kaliber 16/70) geschossen, das sich vor allem in eine entsprechender Halterungsvorrichtung arretieren lässt. Die Donnerbüchse bleibt jedoch, schon aufgrund ihrer historischen Bedeutung, ein unvergessenes Stück BSV-Tradition.