Böllerschützen lassen es gern krachen

Dormagen. In der „IG Pulver“ Rheinland sind Artilleristen und Böllerschützen aus der Region zusammengeschlossen, um das Brauchtum des Böllerns weiter zu pflegen. Auch ein Knaller-Treffen zu Neujahr ist in Zukunft nicht ausgeschlossen.

Das Einböllern von Schützenfesten gehört zur Tradition in vielen rheinischen Städten, so auch in einigen Ortsteilen von Dormagen. Dabei übernehmen die ausgebildeten Böllerschützen – nach erfolgreicher Theorie- und Praxis-Prüfung – das Abfeuern der Kanonen. Die Knaller-Spezialisten sind das ganze Jahr im Einsatz – weit über das Rheinland hinaus bei Festen, Hochzeiten, Totengedenken und anderen Anlässen für das Böllern, bei dem sie es krachen lassen.

Es knallt und raucht: Wenn die Böllerschützen ihre Kanonen abfeuern, ist das immer ein prächtiges Schauspiel, wie hier auf dem Platz am Dormagener Schützenhaus. Dafür müssen Sicherheitsstandards eingehalten werden. FOTO: On

Es knallt und raucht: Wenn die Böllerschützen ihre Kanonen abfeuern, ist das immer ein prächtiges Schauspiel, wie hier auf dem Platz am Dormagener Schützenhaus. Dafür müssen Sicherheitsstandards eingehalten werden. FOTO: On

Noch gibt es an Neujahr in Dormagen kein spezielles Böllern der Schützen. „Das wäre aber eine Überlegung wert, wenn es eine entsprechende Veranstaltung in Zukunft gäbe, könnten sich die Böllerschützen bestimmt beteiligen“, sagt Werner Thelen von den Dormagener Artillerie- und Böllerschützen. Eine Art „Einböllern des neuen Jahres“ ist also für die Zukunft in Dormagen nicht ausgeschlossen. Thelen ist Gründungsmitglied der „IG Pulver“ Rheinland, zu der sich vor drei Jahren Artilleristen und Böllerschützen sowie einige Freunde, die dieses Brauchtum unterstützen möchten, zusammengeschlossen haben.

Die Tradition des Böllerns gibt es seit dem 14. Jahrhundert, nachdem im 7. Jahrhundert das Schießpulver erfunden wurde. Es wurde zunächst militärisch für Kriege eingesetzt, bevor das etwa im 11. Jahrhundert entstandene Schwarzpulver, das im Mittelalter auch als „Donnerkraut“ bekannt war, ab Mitte des 19. Jahrhunderts durch neuere Sprengstoffe ersetzt wurde. Bekannt ist das „Hornberger Schießen“, bei dem die Schwarzwälder so begeistert ihre Böllerschüsse probten, dass ihnen schon vor dem erwartet hohen Besuch das Pulver ausging. „Nicht unbedingt die Menge des Pulvers ist entscheidend für die Lautstärke des Knalls, sondern der Druck“, erläutert Werner Thelen.

Werner Thelen von den Dormagener Artillerie- und Böllerschützen, Gründungsmitglied der "IG Pulver" Rheinland.

Werner Thelen von den Dormagener Artillerie- und Böllerschützen, Gründungsmitglied der „IG Pulver“ Rheinland.

Trotz des Spasses der Schützen am Knallen und Pulverdampf: Das Böllern setzt auch heute noch einen vorsichtigen und verantwortungsbewussten Umgang mit dem Pulver voraus. Daher werden die Kanone sowie die Böllerschützen alle fünf Jahre überprüft: „Wir müssen unsere Eignung nachweisen und auch den Bedarf der Brauchtumspflege, zum Beispiel durch Mitgliedschaft im Schützenverein“, erklärt Thelen. Diejenigen, die Kanone oder Handböller bedienen, müssen einen Sprengstoffschein erwerben, wofür sie körperlich, charakterlich und geistig geeignet sein müssen. Auch danach darf nicht einfach losgeböllert werden: Jede Schießaktion muss genehmigt werden. „Da wünschen wir uns vereinfachte Genehmigungsverfahren, damit das Brauchtum des Böllern nicht durch kostenpflichtige Behördengänge behindert wird“, fordert Thelen. Da sollten die Kommunen mithelfen, das Brauchtum zu stärken.

Auch dafür möchte die „IG Pulver“ Rheinland sorgen: Gemeinsam für noch mehr Anerkennung der Artilleristen und Böllerschützen zu werben. IG-Pulver-Mitglieder helfen einander auch beim Kanonen-Bau oder als Aushilfe, wenn ein Böllerschein-Inhaber ein „Gastspiel“ bei einem anderen Verein gibt, oder beim Einsatz der Kanonen. So teilen sich Dormagener und Oberbilker Artilleristen eine Kanone, da ihre Schützenfeste weit genug von einander entfernt liegen. Der Haupt-Gründungsgedanke der Interessengemeinschaft Pulver war, den Erhalt des Brauchtums zu sichern und sich zu unterstützen. Die IG Pulver, die sich nicht über Beiträge, sondern freiwillige Spenden finanziert, trifft sich drei bis vier Mal im Jahr zum Stammtisch zu Fachsimpelei, Erfahrungsaustausch und dem Planen gemeinsamer Veranstaltungen.

Quelle: NGZ